Das Leben ist schön

Das Leben ist schön

Samstags nehme ich mir etwas mehr Zeit für das Frühstück und genieße es die Zeitung dabei
zu lesen. Ich fange dabei immer hinten an, d.h. mit den Todes- und den Stellenanzeigen und
dem Teil mit den Urlaubsangeboten. Heute habe ich zwei berührendeTodesanzeigen
gelesen, die eine hat mit einem Gedicht begonnen. Sie hat an einen schon länger
verstorbenen Mann erinnert und die Familie trauert um seine Ehefrau, die ihm nun
nachgefolgt ist. Beide waren in einem Alter, in dem man sagen würde, die haben ihr Leben
gelebt. Die andere Anzeige betrauert die junge Polizistin und ihren jungen Kollegen, die vor
knapp zwei Wochen im Dienst erschossen wurden. Die Täter wurden angeblich bei der
Wilderei ertappt und esist für mich nach wie vor unfassbar, wie man dafür zwei Menschen
töten kann.Die Zeit in der wir gerade leben, sie ist verrückt. Werte haben sich verschoben
oder gelten nicht mehr. Corona hat uns allen sehr zugesetzt. Das Gedicht in derAnzeige war
irgendwie tröstlich, es stammt von Mascha Kaléko, einer jüdischenSchriftstellerin, die 1907
als uneheliches Kind eines russischen Kaufmanns und einer Österreicherin in Ungarn
geboren wurde. Ich habe die Autorin bisher nicht gekannt und deshalb im Internet gegoogelt.
Sie hat einige sehr schöne Gedichte geschrieben. Sie lebte eine Zeit lang in Deutschland, hat
dort auch die Judenverfolgung und Buchverbrennung erlebt und ist mit der Familie nach USA
emigriert. Ihre Gedichte haben mich sehr berührt.Sie sind manchmal ganz einfach und doch
so treffend.  Vor allem sind sie positiv und das trotz all der schlimmen Dinge, die sie selbst in
ihrem Leben erlebt hat. Mich haben sie getröstet. Trotz aller Schwierigkeiten, die wir im
Alltag erleben, ist das Leben schön. Wir müssen uns nur auf die wesentlichen Dinge
konzentrieren und dem Streben nach Macht, Ruhm und Geld weniger Beachtung schenken.
Ehrgeiz und Pflichtgefühl sind wichtig, man darf es aber nicht übertreiben, sonst bleibt man
selbst dabei auf der Strecke. Nichts sollte uns daran hindern, dass wirauch an uns selbst
denken und nicht immer nur für andere da sind, unsere Bedürfnisse immer und immer
wieder hinten anstellen oder erst gar nicht wahrnehmen. Wie heißt es so lapidar, nur wer
sich selbst liebt, kann auchandere lieben. Nur mit diesem Gefühl ist es möglich auch ein
sinnvolles Mitglied unserer Gesellschaft zu sein.
Ja, dieses Gedicht „Sozusagen grundlos vergnügt“ hat mich wieder etwas wachgerüttelt.
Ich konnte mein Hamsterrad anhalten und all die unnötigen, unbegründeten Sorgen etwas
hinter mir lassen. Ich kann mich des schönen Wetters erfreuen, höre die Vögel zwitschern
und lächele in mich hinein und das obwohl der Tag eher trübsinnig begonnen hat. Leben und
Tod sind sehr nahe beieinander und mit demTod verliert alles andere seine Bedeutung. Ich
freue mich dass ich bin.