Verlorener Malachit

Verlorener Malachit

Unter der Oberfläche, grün-golden, Gesang der Wellen in der Nacht,
noch schlaf-warm das Kissen.
Hinter den geschlossenen Lidern Traumfetzen am Rande meines Bewusstseins.

Was will durch mich Neues in die Welt?

Wie ein Trieb, der sich aus einem geöffneten Samenkorn dem Licht entgegen schiebt,
die Erde durchdringt, nach oben – was möchte ans Licht kommen?

Entstehen lassen, entfalten, erwachen, aufwachen. Schlaftrunken.
Im tiefen Schlaf eine geschlossene Mohnblüte, in sich gekehrt. Ihr Geheimnis
bewahrend.
Tief in meinem Malachit, am Rande meines Bewusstseins, wohnen meine zwei
Ozeanpferde, seegrüne Urzeit-Wesen , felsgraue Pferdekörper mit Fischschwänzen, moosbewachsen…
Bewohner zweier Welten. Meine alten Freunde.
Wie leicht sie von einer Welt in die andere wechseln können.
In beiden Welten ganz zuhause.
Hier gibt es keinen Widerspruch: Das Feste und das Fließende, beides gleichzeitig
in jedem Augenblick.

„Erinnere dich an das Unsichtbare“ sagte die alte Zeder zu mir, und …ja,
wie konnte ich es vergessen?

Gleichzeitig sind wir hier und doch auch in der Welt, die am Rande unserer Wahrnehmung ist.
Spürt Ihr Eure Flügel, Eure Flossen?

Stark ist das ausgesprochene Wort, gefangen ist das Schweigen,
gebunden und gebannt.
Sprache will fließen und plätschern, wie ein sprudelnder Bach.
Lass uns fließen. Lass uns unserer Flügel erinnern – und losfliegen!

Malachit – dunkles Grün mit Wellen, in den Wäldern verloren.
Lass uns nicht die Wälder verlieren, Quellen unseres Bewusstseins.
Traum-Landschaften ohne Landkarte.
Jeder trägt eine eigene Sprache im Herzen, die befreit werden will.

Am Rande des grünen Sees – Goldwellen treffen auf steingraue Felsen, bemoost,
zugewachsen. Zeit-Spuren, Mooswälder.
Aus dem Wald dringen Schreie.
Der Zeitgeist nagt an den Wurzeln.
Maschinen-dröhnen.
Der gesunde Menschenverstand erschüttert, verdreht, beschädigt…
Die Zeit drängt… sie drängt sich auf, aufdringlich und eindringlich, treibt mich voran,
Pflichten verkündend.
Die Pflicht zu konsumieren, zu besitzen, anzuhäufen, stapelweise, ganze Wagenladungen voll,
Teile meines Ichs – alles, was ich besitze, besitzt mich.

Wo ist hier der Ausgang? Eine kleine Tür, oder ein Tor,
wo ich mich heraus schleichen kann,
und die Dinge hinter mir lassen kann.
Auch die Zeit hinter mir lassen.

Die wärmende Sonne auf meiner Haut, den Wind im Haar,
unter meinen Füßen: Die freundliche, tragende Erde.

( August 2019, Ilona)